Die österreichische Gesellschaft für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin in der Allgemeinmedizin (ÖGPAM) begrüßt die Implementierung von Grundkenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in der psychosomatischen Medizin in die Ärzteweiterbildung (= Ausbildung). Wir finden diesen Reflexions- und Kompetenzerwerb für alle Ärzte in Weiterbildung notwendig, im optimalen Fall im Common Trunc.

Im KPJ und Common Trunc (insgesamt 21 Monate) sollten zumindest 10 Einheiten Supervision bzw. Balintarbeit (5 x 2 Einheiten geblockt) absolviert werden. Als Lehrende fungieren externe ärztliche Kollegen mit entsprechender Kompetenz (Qualitätssicherung durch vorgegebene Kriterien). Die Finanzierung soll durch die Universitäten bzw. Träger der Krankenanstalten erfolgen.

Da „psychosoziale und psychosomatische Grundversorgung“ insbesondere im Feld hausärztlicher Primärversorgung gefordert ist und die ÖGPAM eine Fachgesellschaft für Psychosomatik im Fach Allgemeinmedizin ist, beziehen sich die folgenden Argumente auf die Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin.

Der für das Fach Allgemeinmedizin vorgesehene Umfang an Weiterbildung in „psychosozialer und psychosomatischer Grundversorgung“ ist aufbauend auf im Studium vermittelte Kenntnisse zu organisieren, wobei im KPJ und Common Trunc zugeordnete Weiterbildung mit zu berücksichtigen ist.

In der Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin (insgesamt 33 Monate) sollen unter der o. g. Voraussetzung (10 Einheiten Supervision bzw. Balintarbeit im Common Trunc) in „psychosozialer und psychosomatischer Grundversorgung“
    40 AE Theorie und Gesprächsführung (teils auch Möglichkeit des e-learning) und
    30 AE Balintarbeit absolviert werden.
Dies ermöglicht im Laufe der Weiterbildung im sich verändernden Kontext immer wieder das neu geforderte Verständnis für Zusammenhänge von Theorie und Praxis.

Theorie und Inhalte:
■ Vertieftes Wissen über ein bio-psycho-soziales Krankheitsmodell
■ Die Arzt-Patienten-Beziehung unter Einbeziehung des Kontextes
- im besonderen die herausfordernde Arzt-Patient-Beziehung bei körperlichen Erkrankungen, psychosomatischen und somatopsychischen Störungen sowie beim Übermitteln von Diagnosen und Befunden und im Falle von Überweisungen.
- die Langzeit- und palliativorientierte Betreuung
- die Berücksichtigung und Einbeziehung anderer ärztlicher und nichtärztlicher Berufsgruppen und Einrichtungen.

Ziel:
Berücksichtigung der Wirksamkeit in der Arzt-Patientbeziehung sowie deren „Störungsmöglichkeiten“.
■ Das Erlernen der Gesprächsführung in Berücksichtigung der besonderen Situation durch belastende somatische, psychische und soziale Lebensereignisse.
■ Berücksichtigung von aktuellen Zusammenhängen und Auswirkungen auf Familie, soziales und berufliches Umfeld.
■ Berücksichtigung der auf Langzeitbeziehung ausgelegten Arzt-Patientenbeziehung bei akuten und wiederkehrenden Konsultationen.
■ Beachtung der Erhöhung der Selbstwirksamkeit und Stärkung der Eigenkompetenz des Patienten
■ Berücksichtigung der besonderen Situation bei unsicherem Ausgang von Krankheit bzw. Trauer und Tod.
■ Berücksichtigung der Selbstfürsorge des Arztes durch Selbstachtsamkeit, Selbstreflexion und Wissen um Vernetzungsmöglichkeiten.
■ Stärkung der Ärzte, den Mut zu haben wahrzunehmen, was vom Patienten wie präsentiert wird, diese Gefühle und auch die eigenen wahrzunehmen, um damit situationsentsprechend umgehen zu können.

Diese Inhalte sind im beiliegenden Entwurf „Curriculum für psychosoziale und psychosomatische Grundversorgung“, einem Konzept einer österreichischen Arbeitsgruppe enthalten.
Es berücksichtigt sowohl die Arzt- Patient-Beziehung in Bezug auf spezifische Krankheitsbilder wie auch die notwendigen Fertigkeiten.

Qualitätssicherung der Weiterbildung:
Diese wird durch die Voraussetzungen für Balintgruppenleiter und Lehrende festgelegt.

Durchführungsstruktur:
Diese soll schwerpunktmäßig eher zu Beginn der Weiterbildung stattfinden, um eine weitere Vertiefung bei persönlichem Interesse durch eigenständig organisierte Teilnahme an einem ÖÄK PSY–Diplom für psychosomatische Medizin (PSY II) weiterbildungsbegleitend zu ermöglichen

Zur Umsetzung kann auf die in den Bundesländern unterschiedlich vorhandenen Organisationsstrukturen der PSY-Diplom-Fortbildung zurückgegriffen werden.
Diese können sich an die veränderten Weiterbildungsrichtlinien adaptieren, ähnlich der in Tirol geübten Praxis („Tiroler Modell“). Das „Curriculum für psychosoziale und psychosomatische Grundversorgung“ wäre dann die festgelegte Rahmenbedingung, die Organisationsstruktur wäre dann unterschiedlich an die jeweiligen Gegebenheiten adaptierbar. Es wäre wünschenswert, dies auch explizit vorzusehen. Ebenso soll den Ärzten in Weiterbildung die Möglichkeit der Wahl gegeben werden, indem die Inhalte geblockt oder kontinuierlich angeboten werden.

Die Finanzierung soll durch die Träger der Krankenanstalten erfolgen. Die Freistellung dafür ist während der normalen Wochenarbeitszeit vorzusehen.

Die ÖGPAM unterstützt das beiliegende „Curriculum für psychosoziale und psychosomatische Grundversorgung“ als Modell, das in die Weiterbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin aufgenommen werden soll.

Vorstand der ÖGPAM am 4.11.2014

Druckversion: ÖGPAM-Stellungnahme zur Ärzteweiterbildung mit Anhang.pdf